Die Realisierung der Maginot-Linie


Auch wenn einige vorbereitende Arbeiten bereits 1929 begonnen hatten (und sogar 1928 für eine Anlage in den Alpes Maritimes), wurde die Mehrheit der Baustellen 1930 und 31 eröffnet und die Arbeiten dauerten bis 1936 an. Das Zuspitzen der internationalen Situation führte dazu, dass von 1936 bis 1939 die Eröffnung neuer Baustellen und die Realisierung einiger Fortsätze der befestigten Linie erfolgten.
Im Laufe der ersten sieben Jahre (1930-1939) lässt sich folgender Ablauf der Bautätigkeiten festhalten: 

1930: Konstruktion der ersten einfachen Anlagen (Kasematten, Unterstände), Planung der 
wichtigsten Anlagen
1931: Konstruktion der unterirdischen Teile der wichtigsten Anlagen
1932: Konstruktion der betonierten Blocks der großen Anlagen, Beginn der Anfertigung der 
Ausstattung (Panzerung, Bewaffnung, etc.)
1933: Fertigstellung des Großteils der Anlagen und Beginn der Anbringung der Bewaffnung
1934: innere Einrichtung der Anlagen (elektrische Installationen, Lastenaufzüge, Ventilation,
Transmissionen…), Konstruktion der Camps und Sicherheitskasernen
1935: Fortsetzung der inneren Installationen, Arbeiten am Äußeren ( Panzersperren), Beginn
der Arbeit an den Fortsätzen der Maginot-Linie
1936: Fertigstellung der inneren und äußeren Arbeiten. Weiterführung der Fortsätze

Die Bilanz der sieben Jahre ist bemerkenswert:
- an den Nord-und Nordostgrenzen wurden 58 wichtige Anlagen erbaut ( davon 22 mit Artillerie),
- in den Alpen, angesichts der Bedrohung durch Italien, 50 Werke, davon 23 mit Artillerie,
- mehr als 400 Infanteriekasematten, Unterstände für Lokalreservisten und Beobachtungsposten
- 152 versenkbare Türme und 1536 GFM-Kuppeln
- 339 Artilleriekammern unter Panzertürmen oder Kasematten

1936 ist der Großteil der "Mauer Frankreichs" vollendet. Dennoch werden die Arbeiten bis 1940 andauern, vor allem in den Alpen, wo die ungünstigen Höhenverhältnisse und Klimabedingungen die Bautätigkeiten verzögern. Außerdem sind die Fortsätze im Norden, in der Region von Montmédy, auf dem Plateau von Rohrbach (Moselle) und im Süden des Elsaß noch nicht abgeschlossen.

Aber der Zeitraum von 1935 bis 1940 war vor allem die Ära der "petits bétons". Nachdem die C.O.R.F ihre Tätigkeit Ende 1935 eingestellt hatte, ist die Fortsetzung der Festungs- arbeiten dem regionalen Militär anvertraut. Leider führten der Mangel an Krediten, die Abwesenheit eines zentralen Organs und eines gemeinsamen Plans zur Vernachlässigung des Prinzips der großen wehrhaften Anlagen zugunsten einer Politik der Errichtung kleiner Bunker ohne jegliche Gemeinsamkeit mit den Festungswerken der "ersten Generation".

Auf diese Weise geschah es, dass die französisch-belgische Grenze von Dünkirchen bis Sedan, die bisher noch noch nicht befestigten Sektoren, die Zwischenräume zwischen den Festungsanlagen der C.O.R.F., und sogar die Grenze des Jura gegenüber der Schweiz von einer Vielzahl kleiner Bunker bedeckt wurden, welche wenig solide und ohne Verteidigungs- wert sind.

Die Strafe für diese Unausgewogenheit war, dass diese Gebiete im Mai/Juni während der Offensive der Streitkräfte der Wehrmacht fielen. Nach dem alten Prinzip, dass besagt, dass eine Kette immer nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied (an diesen mangelte es der Maginot-Linie nicht), versäumten es die Deutschen nicht, diese Schwächen auch für sich auszunützen.

Am 13. Mai wird die leichte Verteidigungsfront bei Sedan eingedrückt und den Deutschen gelingt es, die Festungsanlagen auf der Rückseite zu attackieren. Einige kleine Anlagen im Norden und in Lothringen erliegen, der Artillerie beraubt, ebenfalls dem Ansturm der Deutschen. Doch sobald die Deutschen einen Sektor erreichen, der von Artilleriewerken verteidigt wird, erleiden sie schwere Niederlagen. 

Dies ist in FERMONT (Meurthe-et-Moselle), in MICHELSBERG (Moselle) und vor allem im befestigten Sektor von HAGUENAU , wo die Festungswerke HOCHWALD und SCHOENENBOURG sich siegreich halten, der Fall. Als es unerwartet zum Waffenstillstand am 25. Juni 1940 kommt, hält der Großteil der Maginot-Linie (22.000 Männer) immer noch die Stellung. Erst am 1 Juli auf offiziellen Befehl des französischen Oberkommandos werden die Mannschaften zustimmen, die Festungsanlagen zu räumen.

Zusammenfassend muss man anerkennen, dass die Maginot-Linie voll und ganz die ihr zugetraute Aufgabe erfüllt hat. Aber sie konnte diese auch nur dort vollbringen, wo sie existierte. Das französische Oberkommando beging den Fehler, zu glauben, dass die Maginot-Linie unüberwindbar sei und sogar in der Lage den Krieg alleine zu gewinnen!

Keine Befestigung hatte jedoch jemals dieses Ziel.

Während des Krieges wurden manche der Anlagen von den Deutschen als unterirdische Werke genutzt, vor allem das Befestigungswerk von HOCHWALD im S.F.H., oder als Ziele und Experimentierungsort. Einige wenige Anlagen wurden 1944 übereilt gegen den Angriff der amerikanischen Truppen genutzt und anschließend beim Rückzug der Deutschen sabotiert. 

1950 bis 1955 wurde eine Instandsetzung durch die französischen Pioniere durchgeführt, welche die Festungsanlagen bis in die 60er Jahre unterhielten. Ab 1964 wurde die Entscheidung getroffen, schrittweise die Unterhaltung aufzugeben und die Anlagen zu schließen. Ab diesem Zeitpunkt begann man Kasematten und kleine Werke zu verkaufen, zwar behielt die Armee alle großen Festungsanlagen, jedoch blieb der Großteil von ihnen der Vernachlässigung ausgesetzt. Sie entkamen weder den Plünderern, noch der Witterung und dem natürlichen Verfall. 

Ab 1985 bildeten sich schließlich Gruppierungen, um sich einiger Festungswerke anzunehmen, mit dem Ziel sie zu Erhalten und für den Tourismus sehenswert herzurichten.

Zurzeit ist es möglich im Nord-Osten an die zwanzig Festungsanlagen unterschiedlichster Modelle zu besichtigen, zudem sind auch einige andere Werke in den Alpen der Öffentlichkeit zugänglich.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass von 108 Hauptbefestigungswerken, welche den Gürtel des Befestigungssystems im Norden, im Nord-Osten (Elsaß-Lothringen) und im Süd-Osten bilden, heute:
- 85 Werke sich selbst überlassen, oft geplündert und dem Vandalismus ausgesetzt, meist vollständig zerstört sind,
- 8 von der Armee zu verschiedenen Zwecken behalten wurden,
- sowie 15 von Vereinigungen, die sich ihrem Schutz verschrieben haben, oder Tourismus-
Organisationen übernommen wurden.

9 dieser Befestigungswerke, welche im Nord-Osten gelegen sind, werden jährlich von mehr als 200.000 Besuchern besichtigt.

BG/13-11-08


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