Der Präsident der deutschen Waffenstillstandskommission



KOPIE


NO 50/40

Wiesbaden, den 28. Juni 1940

an den Präsidenten der französischen Delegation

Mein General,

In Anbetracht der Tatsache, dass bei der Kapitulation der französischen Truppen, die in den französischen Festungswerken im Elsaß eingekreist sind, Schwierigkeiten bei der Anwendung des Artikels 1 der Waffenstillstandskonvention aufgetreten sind, schickte die französische Regierung, auf Anfrage des deutschen Oberkommandos, Offiziere, welche mir der Ausführung der französischen Kapitulation beauftragt sind, in das Gebiet.

Diese Offiziere konnten ihre Mission nicht erfüllen, da die Befehlshaber der französischen Truppen in den Werken zwischen Rhein und Mosel zwar bereit waren die Werke und Waffen aufzugeben, aber glaubten für die Truppen freies Geleit in das nicht besetzte französische Begiet verlangen zu können.

Diese Auffassung ist ein Verstoß gegen den Text der Waffenstillstandskonvention, s. Artikel 1; das Strecken der Waffen beinhaltet die Gefangennahme der Truppen.

Dies ist auch insoweit klar geregelt, als das, nach Artikel 4, das freie Geleit in nichtbesetztes Gebiet nur den Truppen, die noch das Recht besitzen, sich frei zu bewegen, zugebilligt wird, wohingegen Artikel 1 fordert, dass die eingekesselten Truppen bedingunglos die Waffen strecken.

Im Westsektor der Mosel wurde diese Rechtslage völlig von den französischen Kommandierenden anerkannt und die bedingungslose Aufgabe fand bereits statt.

Die deutsche Waffenstillstandskommission ordnet an, dass die Offiziere ohne Auschub den nötigen Befehlen für die Kapitulation der eingekreisten Truupen nachkommen. Das deutsche Kommando ist bereit im Falle der sofortigen Ausführung des Befehls, den Offizieren der Truppen, die ihn Gefangenschaft geführt werden, ihren Degen zu lassen,

.../...

- 2 -

in Anerkennung des tapferen Widerstandes, den sie bis zum Schluß leisteten.

Die Verweigerung der vollständigen Kapitulation wird von der deutschen Waffenstillstandskommission als Verletzung der Vorschriften der Waffenstillstandskonvention angesehen werden. Das deutsche Oberkommando wird sich veranlasst sehen, in diesem Fall, alle im Artikel 24 geführten Konsequenzen zu ergreifen.

Mit hochachtungsvollen Grüßen.

Unterzeichnet: von STULPNAGEL


Kopie an

General der Armee HUNTZIGER

Präsident der französischen Delegation

von der deutschen Waffenstillstandskommission,

im Auftrag: Chef der Armeeführung

H. LACAILLE





- zurück